Eine Traumabindung bzw. Traumabeziehung bezeichnet eine spezifische Form der emotionalen Bindung zwischen Menschen, die durch frühere traumatische Erfahrungen geprägt ist. Sie wird fortgeführt, obwohl sie als schädlich erlebt wird.
Negative Erfahrungen und Stressoren, die oft nicht in den aktuellen Umständen der Beziehung selbst begründet sind, führen zu einer traumatischen Bindung und dysfunktionalen Gestaltung der Paarbeziehung.
Das heißt, die Ursachen und Hintergründe können oft ohne den aktuellen Partner in der eigenen Vergangenheit gesucht und aufgelöst werden, da sie mit der Beziehungssituation im Hier und Jetzt nicht primär zu tun haben.
Hier sind 5 charakteristische Warnsignale einer Traumabindung mit dem Ehe-, oder Lebenspartner:
1. Konflikteskalation und mangelnde Verantwortungsübernahme, das Täter-Opfer-Spiel
Selbst kleine Meinungsverschiedenheiten führen zu übermäßig intensiven Konflikten. Als ob die Wahl des Tisches im Restaurant zu einem Kleinkrieg ausarten müsste oder ein paar Minuten Verspätung die Welt zum Einsturz bringen könnten. Die Rollen von Opfer und Täter können in diesem Spiel wechseln.
Kleine Auslöser, wie die Entscheidung über das Fernsehprogramm, eskalieren sehr häufig zu toxischen Konflikten oder Erniedrigungen, die wie eine Sucht immer weitergetrieben werden müssen. Bis hin zur körperlichen Auseinandersetzung. Es wäre besser einfach die Situation zu verlassen, was aber nicht gelingt.
Keiner der Partner entschuldigt sich ernsthaft für sein Verhalten. Stattdessen dominieren Schuldzuweisungen an den jeweils anderen. Jeder will unbedingt Recht haben und das Zusammenleben wird zu einer endlosen Dramaschleife, in der jeder darauf besteht, dass der andere die Wurzel allen Übels ist.
2. Konkurrenz statt Partnerschaft
Die Partner konkurrieren ständig um Erfolg, Ansehen oder finanzielle Vorteile, im privaten wie im beruflichen Umfeld.
Es ist, als ob der Erfolg des einen automatisch ein Verlust des Gegenübers wäre, selbst wenn der Erfolg des einen objektiv betrachtet keinen Einfluss auf den anderen hat.
Möglicherweise gibt es auch ein Machtungleichgewicht zwischen den Partnern, das in einer toxischen Beziehung oft über das Geld ausgelebt wird.
Sich über den Erfolg des Partners zu freuen oder von gemeinsamen Erfolgen zu zehren, ist in dieser Konkurrenzdynamik strikt verboten.
Es herrscht eine emotionale Enge. Erfolge führen eher zu Spannungen als zu gemeinsamen Triumphen.
Der Mangel an kooperativer Freude vergiftet die Atmosphäre und unterstreicht den destruktiven Charakter dieser Konstellation.
3. Übertriebener Streit-Versöhnungszyklus und sexuelle Lösung von Konflikten
Ein intensiver Zyklus von übersteigerten Auseinandersetzungen und dramatischen Versöhnungsmomenten prägt die Dynamik der Beziehung. Im Prinzip wird Emotion und Drama mit Liebe verwechselt.
Die Konflikte sind von einer auffälligen Übertreibung geprägt, die sich in theatralischen Versöhnungen manifestiert.
Konflikte werden häufig auf sexueller Ebene ausgetragen und beigelegt, wodurch ein destruktiver Kreislauf entsteht. Die Austragung von Konflikten durch sexuelle Handlungen wird zur Norm, und die sexuelle Entladung ist umso intensiver, je mehr Spannungen sich zuvor aufgebaut haben. Die Grenze zur sexuellen Form von Missbrauch verschwimmt.
Diese wiederkehrende Dynamik verstärkt sich, je länger die Beziehung andauert und bildet ein festes Muster.
Was vorher vielleicht sogar von Mordgedanken begleitet war, nimmt plötzlich im Bett eine unerwartete Wendung. Die Verquickung von Konfliktlösung und Intimität wird zur gefährlichen Gratwanderung zwischen destruktivem Streit und kurzlebiger Versöhnung.
4. Verbergen von Lebensteilen und Vermeiden zu großer Nähe
Die Angst einer negativen Reaktion des Partners führt dazu, dass Teile des eigenen Lebens verheimlicht werden.
Fragen Freunde oder Bekannte nach dem Lebens- oder Ehepartner, wird mit bissigen Kommentaren oder Augenrollen reagiert. Freunde zögern, sich mit dem Paar zu treffen, weil es immer wieder Streit oder Spannungen gibt.
Es kommt auch vor, dass man Freunde oder Verwandte bittet, Dinge zu verheimlichen, oder dass man herausfindet, dass der Partner das Gleiche tut.
In den gemeinsamen Momenten wird dagegen viel Zeit mit Ablenkungen wie Geschäftigkeit, Internet, Trinken oder Ähnlichem verbracht, als wolle man eine zu große Intimität vermeiden.
5. Zwiespältigkeit gegenüber der Beziehung und Drohungen mit der Trennung
Die Betroffenen befinden sich in einem inneren Zwiespalt, da sie einerseits über eine mögliche Trennung nachdenken, andererseits aber von den extremen Höhen und Tiefen der Beziehung angezogen werden.
Häufig werden Trennungsdrohungen ausgesprochen, die aber nicht in die Tat umgesetzt werden.
Es besteht also der Gedanke, sich aus der Beziehung zu lösen. Gleichzeitig besteht eine Sucht nach den intensiven Höhen und Tiefen, die mit der Verbindung einhergehen.
Das Gefühl entsteht, dass der eine nicht ohne den anderen leben kann, auch wenn es ihm/ihr emotional nicht gut geht. Die Abhängigkeit von emotionalen Extremen erschwert es aber, den Schritt zur Trennung tatsächlich zu gehen.
Was sind mögliche Ursachen und Lösungen für Traumabindungen
Eine toxische Beziehung in der Gegenwart kann das Ergebnis früherer traumatischer Erfahrungen sein. Diese können aus der Kindheit stammen oder aus vorangegangenen Paarbeziehungen.
Eine Traumabindung entsteht wie von selbst, da sich Menschen mit ähnlicher Prägung magisch anzuziehen scheinen. Unbewusst suchen Menschen oft das, was sie schon von früher kennen, so dass Traumabindungen entstehen.
Die dysfunktionale Dynamik der Bindungen beeinträchtigt die gesunde emotionale Regulation. Sie führt zu problematischen Mustern von Nähe und Distanz, Belohnung und Bestrafung, emotionalem und körperlichem Missbrauch.
Professionelle Hilfe, wie z.B. Psychotherapie, ist entscheidend, um schädliche Muster zu erkennen und zu überwinden.
Menschen können also kindliche Muster verinnerlichen und darin stecken bleiben.
Später sind sie anfällig dafür, ein Beziehungsdrama inszenieren und unerfüllte Erwartungen aus der Vergangenheit in den gegenwärtigen Kontext zu projizieren.
Verschiedenste Faktoren der Vergangenheit wirken somit in die aktuelle Beziehungsdynamik und verhindern, dass man sich aus der Beziehung lösen kann.
Emotionale Verbindungen an ein frühes Trauma, psychischer oder körperlicher, vielleicht sogar sexueller Missbrauch, Misshandlung, Verletzungen, Zurückweisung und Scham können so bis heute Konflikte hervorrufen. Die Partnerschaft ist wie eine Beziehung zwischen Opfer und Täter.
Liegt eine frühe Vernachlässigung vor oder ist man schon in missbräuchlichen Haushalten aufgewachsen, ist es schwer, dass sich das Opfer später aus der Trauma-Bindung lösen kann. Ein Hang zum altbekannten Verhaltensmuster kann zu einer gewissen emotionalen Abhängigkeit führen, gerade weil man schlecht behandelt wird.
Trennt sich ein Paar ohne Aufarbeitung dieser Hintergründe, birgt das die Gefahr, dass sich problematische Paarmuster und Trauma-Bindungen in der nächsten Beziehung wiederholen.
Eine bewusste Auseinandersetzung mit traumatischen Erfahrungen und das Erlernen einer veränderten Selbstwahrnehmung ist daher für eine gesunde Partnerschaftsentwicklung entscheidend.
Sie haben eine toxische Bindung. Ziehen Sie eine Therapie in Betracht.
Eine Paartherapie bzw. Paar- oder Eheberatung kann eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Traumabindungen spielen.
Wie schon besprochen, können auch in einer Einzel-Psychotherapie Muster offengelegt und aufgelöst werden, die das Beziehungsglück torpedieren.
Die Unterstützung durch einen Therapeuten ermöglicht es, sich in einem sicheren Raum auszudrücken und die zugrunde liegenden Traumata zu erkennen.
Dann können Paare erkennen, dass sie in Wirklichkeit vielleicht gar nicht miteinander im Disput sind, sondern mit Menschen und Situationen ihrer Vergangenheit.
Therapeuten können auch dabei helfen, gesündere Kommunikationsmuster zu entwickeln und gemeinsam nach konstruktiven Lösungen zu suchen.
Paartherapie bietet eine strukturierte Umgebung, um eine missbräuchliche Beziehung zu reflektieren und positive Veränderungen herbeizuführen, echte Liebe und Zuneigung zu entdecken und ohne ein Machtgefälle eine sichere Bindung aufzubauen und gesunde Autonomie zu entdecken.