Es gibt durchaus viele gute Gründe sich schuldig zu fühlen. Wenn man zum Beispiel jemandem einen Schaden zugefügt hat oder gegen ein Gesetz verstoßen hat.
Viele Menschen erleben aber Schuldgefühle, die eigentlich unbegründet oder übertrieben sind oder die sich verselbständigt haben.
Es gibt viele Möglichkeiten sich selbst zu beschuldigen: Wir könnten uns schuldig fühlen, dass wir keine guten Eltern sind, weil wir zu viel arbeiten. Weil wir zu wenig arbeiten. Weil wir unsere Gesundheit vernachlässigen. Unser Partner oder Chef kann mit einer Aussage oder auch nur einer Geste starke Schuldgefühle in uns auslösen, so dass wir glauben uns falsch verhalten haben.
Wer kennt es nicht: Wir tun was uns guttut und haben anschließend ein diffuses Gefühl der Schuld.
Was sind mögliche Ursachen, dass sie Sie Schuldgefühle bekommen, die eigentlich unbegründet sind? Und wie kann man unbegründete Schuldgefühle überwinden?
5 Gründe, warum es notwendig ist, Schuldgefühle zu überwinden
Schuldgefühle
- lassen uns in der Rolle des Sündenbocks
- führen dazu, dass wir einfach manipulierbar sind
- rauben uns die Energie, unseren Alltag unbeschwert zu leben
- sind oftmals eine Ursache von psychosomatischen Beschwerden wie Unwohlsein, Magen- und Darmbeschwerden usw.
- führen dazu, dass wir gesunde Risiken meiden und in unserem Elend verharren
Der Unterschied zwischen wahrem und falschem Schuldgefühl
Wahre Schuld beruht auf Realität und Wahrheit. Sie ist oft das Ergebnis einer Handlung oder Entscheidung, die wir ausgeführt oder getroffen haben, die vielleicht moralisch verwerflich war, und die wir möglicherweise auch nicht mehr ungeschehen machen können. Wir haben jemandem Unrecht getan.
Aus echten Fehlern können wir allerdings lernen und bestmöglich Wiedergutmachung leisten zu können ist eine positive Eigenschaft einer reifen Persönlichkeit.
Falsche Schuld dagegen ist ein Gefühl, das nicht auf Realität oder Wahrheit basiert. Sie wird oft ausgelöst von Meinungen oder Erwartungen anderer. Ein Schuldgefühl kann seinen Ursprung in dem Wunsch haben, perfekt zu sein oder z.B. in dem Bedürfnis, anderen zu gefallen. Falsche Schuld ist ein innerer Konflikt, der entsteht, wenn wir uns für Dinge verantwortlich fühlen, die gar nicht in unserem Einflussbereich sind. Es ist ein Gefühl, das unangebracht, ungerechtfertigt und irrational ist. Falsche Schuldgefühle können von unrealistischen Erwartungen, äußerem empfundenen Druck, toxischen Beziehungen oder dem Vergleich mit anderen ausgelöst werden. Sie werden oft von Gefühlen der Unzulänglichkeit, Selbstbeschuldigung und Wertlosigkeit begleitet. Falsche Schuldgefühle quälen uns und können unsere geistige Gesundheit und unser Wohlbefinden beeinträchtigen, da sie auch zu Depressionen, Angstzuständen, Suchterkrankungen und weiteren psychischen Störungen führen können.
Welche Menschen sind besonders empfänglich für Schuldgefühle
Menschen, die sehr empfindlich auf Kritik und Urteile reagieren und Menschen mit geringem Selbstwertgefühl fühlen sich häufiger schuldig oder nehmen eine Schuldzuweisung anderer einfach hin.
Vielleicht denken Sie, wie wären egoistisch oder dreist, weil sie etwas getan oder unterlassen haben und damit anderen nicht gerecht geworden sind. Es fällt Ihnen schwer in der konkreten Situation bewusst zu überlegen, was ihr eigener Standpunkt dazu und ihre eigenen Werte sind. Sie sind wie betäubt.
Dass Schuldgefühle fortdauernd auftreten, kann auch ein Zeichen für ein ungelöstes Trauma sein.
Außerdem scheint so, dass Frauen sich überdurchschnittlich häufig Selbstvorwürfe machen. Hier spielen sicherlich generelle Erziehungsaspekte und gesellschaftliche Rollenzuweisungen hinein.
Was sind die Ursachen für Schuldgefühle
Um ein glücklicheres Leben führen zu können ist es absolut sinnvoll nach Ursachen zu suchen. Dies hier ist eine Liste möglicher Gründe ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Viele Gründe sind denkbar und können zum Beispiel in einer Therapie erforscht werden.
Ursachen in Kindheit und Erziehung
Falsche Schuldgefühle können ihren Ursprung in Kindheit und Erziehung haben. Entgegen unseren Bedürfnissen sind unsere Eltern oftmals nicht perfekt gewesen und haben uns ein Gefühl gegeben, nicht zu genügen oder waren strenger als nötig. Sätze wie: “Was Du getan hast war nicht in Ordnung!” haben sich tief eingebrannt.
Vielleicht wurden unsere grundlegenden Bedürfnisse missachtet oder von uns verlangt Dinge zu tun, wie wir aus Angst vor Strafe gegen unseren inneren Kompass zu handeln. Unsere Eltern waren vielleicht selbst belastet und wussten nicht anders zu handeln.
Eingeübte, unbewusste Muster halten sich über einen sehr langen Zeitraum, bei manchen lebenslang. Man hat ganz tief Verletzungen und eine Wertvorstellung verinnerlicht. Ein oft gesehenes Phänomen: Ein Erwachsener verweigert den Kontakt zu den Eltern oder Bezugspersonen. Nicht selten ist es so, dass erlittene Verletzungen so schmerzhaft waren, dass sie dazu führen, dass sich erwachsene Kinder später nicht mehr Vorwürfen und Beschuldigen aussetzen wollen.
Hat Ihnen ein Elternteil oder ein Erzieher eingeredet, dass sie für etwas verantwortlich sind, etwas Bestimmtes tun sollen, das sie nicht wollten, oder gar einen Fehler begangen haben, kann das durchaus zu späteren negativen Selbstgesprächen führen. Vielleicht sind Sie aber auch aufgrund einer sehr sozial bezogenen Erziehung zu gutherzig, um sich gegen Übergriffe schützen zu können. Hätten Sie sich schützen können? Nein, als Kind waren Sie noch nicht in der Lage zu erkennen, dass die Aussagen der erwachsenen Personen gar nicht stimmten oder gar nicht auf Sie gepasst haben.
Der Partner oder Chef gibt einem das Gefühl nicht zu genügen
In Ihrem Privatleben oder auf der Arbeit haben Sie es möglicherweise einem Partner oder Chef zu tun, der zu Manipulation oder Ausbrüchen neigt. Sie möchten unangenehme Situationen vorhersehen und tun alles um Schuld zu vermeiden. Obwohl es seine Verantwortung, das Verhalten zu ändern, fühlen Sie sich schlecht, wenn der Partner oder Chef doch unangemessen reagiert hat.
Man muss es auch klar sagen, manche Partner und Chefs sind einfach Meister darin, Menschen zu kränken und ihnen ein diffuses Gefühl zu geben, nicht zu genügen oder sie auch emotional erpressen. Man hat seinen Partner vielleicht in der ersten Verliebtheit falsch eingeschätzt. Statt sich zu fragen, wie sie sich besser verhalten können, wäre es an der anderen Person, zwischenmenschlich etwas zu ändern. Es ist allerdings für den Partner oder Chef einfacher, wenn Sie manipulierbar sind.
Inwiefern Sie einen Partner oder Vorgesetzten haben, der wiederum einer Erziehungsperson Ihrer Kindheit gleicht, wäre herauszufinden.
Passende Menschen ziehen sich an, sagt man. Oft ist da etwas dran. Es ist möglicherweise notwendig einen Partner oder Arbeitsplatz zu suchen, der die eigenen Bedürfnisse besser erfüllt.
Abhängigkeiten und Ängste
In beruflichen und privaten Situationen lassen sich Abhängigkeiten naturgemäß nicht vermeiden. Das ist ganz selbstverständlich so. Vermutlich ist es eine hohe Kunst des Lebens, sich konstruktiv abhängig zu machen.
Die Frage ist, ob man sein Licht mehr unter den Scheffel stellt, als es denn notwendig wäre oder ob die Abhängigkeit ausgenutzt wird. Ängste vor Ausgrenzung oder wirtschaftlicher Unsicherheit stellen sich vielleicht ein.
Dann kann es einfacher sein, die Schuld bei sich selbst zu suchen, als den angsteinflößenden Weg einer Konfrontation zu gehen und sich seinen Schuldgefühlen zu stellen. Auch hier gibt es Prägungen aus der Kindheit. Ein Ausweg aus diesem Dilemma kann es durchaus sein, depressiv zu sein und quasi die Verantwortung auf sich und die Krankheit zu ziehen, statt den Weg der Angst zu gehen. Wut und Konflikt hat durchaus auch seine Berechtigung und ist nicht per se schlecht.
Gesellschaftliche Erwartungen und Zwänge
Wenn Sie an Schuldgefühlen leiden, sollten Sie sich auch die unausgesprochenen Erwartungen und Zwänge der Gesellschaft, in der Sie leben, ansehen.
Ich spreche hier nicht nur von sehr repressiven Gesellschaften. Wir alle sind abhängig davon, gesehen zu werden und von anderen Menschen anerkannt zu werden. Im Innersten sind wir immer noch Herdentiere, die auf die Unterstützung und das Wohlwollen unserer Umgebung angewiesen sind.
Tiefverwurzelte Gesetze sind auch in Zeiten sich wandelnder Lebensformen weiterhin gültig, ob man sie für sinnvoll erachtet oder nicht, und man sollte sie sich bewusst machen.
Wenn nicht klar ist, was überhaupt von Ihnen erwartet wird, verfolgen Sie Gewissensbisse, wenn Sie bekannte oder unbekannte soziale Spielregeln verletzen. Auch wenn Sie sich in einer anderen sozialen Schicht als der Ihrer Kindheit bewegen, und sich nicht immer sicher sind, wie „man sich zu verhalten hat“, sind Sie Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen ausgesetzt.
Es gilt: Was Fehlverhalten ist, bestimmen nur Sie, zumindest im Rahmen gültigen Rechts.
Was kann man tun, wenn man von falschen Schuldgefühlen betroffen ist
Auch hier eine Liste möglicher Maßnahmen ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Jeder Mensch ist individuell.
Ihre negativen Gedanken und einschränkenden Überzeugungen bewusst herausfordern
Um überhaupt in einen Prozess zu kommen, kann es auch eine Zeit lang notwendig zu sein, grundlegende Dinge aus Prinzip erst einmal zu hinterfragen: „Ist dieser Gedanke wahr? Ist dieser Glaube wahr?“ Hinschauen und bewusst in Opposition gehen, zumindest eine Zeit lang.
Wenn man zum Beispiel belastet ist, weil einem jemand gesagt hat, dass man nicht gut genug ist, kann es hilfreich sein, zuerst einmal aus Prinzip anzunehmen, dass man in Ordnung ist. Auch wenn einem das sicherlich schwerfällt. Aber was wäre wenn. Quasi eine gesunde Trotzhaltung.
Erstellen Sie eine Liste Ihrer Erfolge, um negative Gefühle zu lindern
Eine effektive Methode, falsche Schuldgefühle zu überwinden, besteht darin, sich auf all die Dinge zu konzentrieren, die man im Leben erreicht hat. Das Erstellen einer Liste Ihrer Errungenschaften, egal wie klein diese auch erscheinen, kann Sie daran erinnern, dass Sie fähig sind und Respekt verdienen.
Es kann Ihnen auch helfen, eine Perspektive zu gewinnen und zu erkennen, dass Sie nicht für die Handlungen anderer verantwortlich sind und zuerst einmal nichts schulden. Ist Ihnen überhaupt schon einmal etwas wirklich nicht gelungen? War es nicht so, dass sie vorher für Ihren Partner unvoreingenommen attraktiv waren und erst danach Schwierigkeiten auftraten?
Setzen Sie Ihren Focus nur auf das, was sie ändern können
Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie ändern können, und lassen Sie los, was Sie nicht ändern können. Es macht keinen Sinn, sich mit Gewissensbissen zu quälen über Dinge und Situationen, die sowieso unausweichlich sind. Stellen Sie sich die Frage, ob Sie sich dem weiterhin aussetzen möchten.
Indem Sie verstehen, was unter Ihrer Kontrolle liegt und was nicht, können Sie Fortschritte bei der Bewältigung machen. Beginnen Sie damit, herauszufinden, in welchen Bereichen Ihres Lebens Sie aktiv werden können.
Geben Sie anderen Menschen Aufgaben, statt diese ständig zufrieden stellen zu wollen.
Entwicklung eines Unterstützungsnetzwerkes
Insbesondere wenn man in einem geschlossenen Kreis in Beruf und Familie feststeckt, ist es hilfreich sich auch andere Meinungen einer außenstehenden Person einzuholen. Professionelle Beratung kann ebenfalls von Vorteil sein, da sie es Ihnen ermöglicht, die Quelle Ihrer Schuldgefühle zu erforschen und Strategien zu entwickeln, um damit umzugehen.
Akzeptieren Sie Ihre Emotionen als gültig und normal
In Ihnen entstehen Schuldgefühle: Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass alle Emotionen, sogar diese erlaubt und normal sind. Viele Menschen empfinden sich aufgrund ihrer vermeintlichen Fehler oder aufgrund ihrer aktuellen Umstände als nicht in Ordnung. Es ist deshalb wichtig, Gefühle zuallererst anzuerkennen und sie so zu akzeptieren, wie sie sind, statt zu versuchen sie zu bekämpfen.
Erst aus der Akzeptanz heraus sind wirkliche Veränderungen möglich. Gute Selbsthilfegruppen bauen auf Akzeptanz der Ist-Situation auf.
Sie sind in der Lage Gefühle in sich spüren zu können. Auch sind Sie zuerst einmal in der Lage für andere Menschen unterstützend da zu sein, was grundsätzlich eine positive Seite hat. Es geht hier lediglich darum, gesunde Grenzen zu entwickeln und das rechte Maß.
Menschen Grenzen setzen, die negative Gefühle auslösen
Sollten Sie erkennen, dass es konkret andere Menschen sind, die negative Gefühle in Ihnen auslösen, sollte man versuchen Schritt für Schritt diesen Menschen Grenzen zu setzen. Soweit dies eben möglich ist. Veränderungen sind ein Prozess, der auch länger dauern kann.
Stellen Sie sicher, dass Sie sich im Verhältnis zu anderen Menschen darüber im Klaren sind, was Sie in einer Situation tun und was nicht und was für Sie akzeptables und inakzeptables Verhalten ist. Holen Sie sich hierzu immer wieder Rückmeldung von Außenstehenden, um Ihren Standort im System bestimmen zu können.
Letztlich kommt es aber auf Ihre Einschätzung an. Es ist völlig in Ordnung, „nein“ zu sagen, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt. Man muss nicht immer erreichbar sein! Sie müssen gar nichts.
Wie kann ein Experte oder Außenstehender helfen, Schuldgefühle zu überwinden.
Wenn es darum geht, einen Umgang mit Schuldgefühlen zu erlernen, kann das Gespräch mit einem Freund oder einem Therapeuten eine gute Möglichkeit sein, Hilfe zu bekommen. Blindheit für die eigene Situation gehört quasi dazu und eine Einordnung ist wichtig.
Profitieren Sie von weitergehenden Erfahrungen Ihrer Umgebung. Vielleicht entdecken Sie sogar, dass in Ihrem Umfeld andere Menschen, Freunde oder Bekannte von Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen geplagt sind, von denen Sie bisher dachten, dass sie wie ein Fels in der Brandung stehen. Sie merken, Sie sind gar nicht alleine mit ihrem Problem.
Ein Psychotherapeut oder Heilpraktiker für Psychotherapie kann ebenfalls dabei helfen, einen Einblick in die zugrunde liegenden Ursachen von Selbstvorwürfen zu gewinnen und effektive Werkzeuge zur Bewältigung der Emotionen an die Hand geben. Innerhalbe eines Coachings oder einer Psychotherapie kann man selbstsabotierende Verhaltensweisen erkennen, die möglicherweise zu dem Problem beitragen, und der Therapeut kann Sie bei der Überwindung Ihrer falschen Schuld mit Rat und Tat unterstützen.
Werden Sie aktiv, sobald Sie merken, dass Sie unter Ihrer Situation leiden oder sie Ihre Gefühle in Ihrem Alltagsleben einschränken. Es ist immer besser etwas zu ändern, statt sich innerlich weiter zu quälen.
Ergebnisse stellen sich allmählich ein, bringt man einmal den Mut auf, über die Dinge zu reden. Sie werden es merken.
Ein Rückfall in alte Muster ist kein Beinbruch, sondern eventuell sogar normal. Hadern Sie damit nicht. Entscheidend ist, dass man es zeitnah wahrnehmen kann und gegensteuert, und sieht, was im Augenblick möglich ist.
Ein alter Philosoph hat dazu gesagt: Aus Fehlern lernen ist die höchste Kunst. Verzeihen Sie sich zuerst selbst. Wieder und wieder und wieder.