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Das Grundbedürfnis nach Liebe: Warum Menschen psychischen und körperlichen Missbrauch in der Beziehung aushalten

24.08.2024

Viele Menschen nehmen emotionale oder körperliche Verletzungen in Beziehungen hin, der oft weit über das Erträgliche hinausgeht. Für sie stellt sich eine schwer lösbare Frage: Bleiben oder gehen? Aushalten oder sich befreien?

Sie erdulden mehr Leid, als ihnen guttut, und verharren in Partnerschaften, die offensichtlich schmerzhaft und schädlich sind. Doch was treibt sie dazu, solche Situationen zu ertragen? Die Antworten liegen tief in unserer menschlichen Psyche.

Hier ergründen wir die wahren Ursachen dieses Verhaltens und untersuchen, wie Betroffene es schaffen, ihr eigenes Wohlbefinden künftig in den Mittelpunkt zu stellen.

Was ist eine missbräuchliche, toxische Beziehung

Missbrauch in Beziehungen zeichnet sich durch ein wiederkehrendes Muster von Kontrolle, Einschüchterung und Schädigung aus, bei dem ein Partner Macht über den anderen ausübt. Dieses schädliche Verhalten kann viele Gesichter haben:

  • Psychische Übergriffe, also körperliche Gewalt wie Schläge, Stöße oder Würgen
  • Emotionale Misshandlung durch ständige Kritik, Demütigung, Liebesentzug oder Manipulation
  • Verbale Attacken in Form von Geschrei, Beschimpfungen oder Drohungen
  • Sexueller Missbrauch, Nötigung, Übergriffe oder das Schamgefühl verletzende Ansprüche
  • Finanzielle Macht und Kontrolle durch Unterbindung finanzieller Unabhängigkeit
  • Soziales Isolieren und Abschottung des Partners von Freunden und Familie
  • Digitale Überwachung und Cyber-Stalking
  • Gaslighting, also die gezielte Realitätsverdrehung, um beim Partner Zweifel, Unsicherheit und Schuldgefühle auszulösen

Typisch für solche Beziehungen ist ein Zyklus aus Spannungsaufbau, häusliche Gewalt und scheinbare Versöhnung. Zwischenzeitlich Phasen scheinbarer Zuneigung zum Partners erschweren es, die Situation klar zu erkennen und sich daraus zu befreien. 

Oft können Opfer ohne Unterstützung nicht benennen, wann genau die Schädigung beginnt. Sie erkennen auch, wenn Sie eine Beziehung eingehen, Warnzeichen nicht. Das trägt dazu bei, dass Betroffene in der Beziehung gefangen bleiben, selbst wenn sie unter ihr leiden. Sie haben keine Bild einer gesunden Beziehung vor Augen.

Von wem geht Gewalt in einer Beziehung aus

In Beziehungen kann Gewalt von jedem Partner ausgehen, unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Statistisch gesehen sind Männer häufiger die Täter, jedoch ist es wichtig zu betonen, dass dies keineswegs immer der Fall ist. Auch Frauen können Täterin und gewalttätig sein. Sie bevorzugen dafür eher psychische Gewalt, die weniger offensichtlich als körperlicher Übergriffigkeiten sind.

Oft spielen Faktoren wie Persönlichkeitsstörungen, wie bei einem manipulativen Borderliner oder Narzissten, eine Rolle bei gewalttätigem Verhalten. Die Rollen können wechseln und es ist schwer zu erkennen, wer gerade die Oberhand hat. Ebenso können Suchtprobleme, sei es Alkohol- oder Drogenmissbrauch, das Risiko für steigern, Opfer häuslicher Gewalt zu werden.

Es ist entscheidend, jeden Fall individuell zu betrachten und Stereotype zu vermeiden, um Opfern jeden Geschlechts angemessen helfen zu können.

5 klassische Gründe, warum Menschen in schlechten Beziehungen bleiben, in denen sie missbraucht werden

Hier sind fünf klassische Gründe, warum Menschen oft in missbräuchlichen Beziehungen bleiben:

  1. Emotionale Abhängigkeit: Trotz des Missbrauchs haben viele Opfer starke Gefühle für ihren Partner und hoffen auf Besserung. Oft investieren sie viele Jahre in die Beziehung, was es noch schwerer macht, aufzugeben und die Realität zu akzeptieren.
  2. Finanzielle Abhängigkeit: Manche Menschen sehen keine Möglichkeit, sich finanziell selbst zu versorgen, besonders wenn Kinder involviert sind. Sie befürchten, dass eine Trennung zu einer verschlechterten Lebensqualität für sich und ihre Kinder führen könnte. Was erst einmal paradox ist.
  3. Angst vor Vergeltung: Die Furcht vor Gewalt oder anderen Konsequenzen beim Verlassen der Beziehung kann sehr real sein. Viele Opfer fürchten, dass ihr Partner aggressiv reagieren könnte und sie oder ihre Lieben in Gefahr bringt und sind daher ständig auf der Hut.
  4. Niedriger Selbstwert: Misshandlung in Beziehungen kann das Selbstvertrauen zerstören, sodass Opfer glauben, sie verdienten nichts Besseres. Diese geringere Selbstsicherheit kann auch dazu führen, dass sie die Schuld für Gewalt und Unterdrückung auf sich selbst nehmen.
  5. Gesellschaftlicher Druck: In manchen Kulturen oder Gemeinschaften wird Trennung stigmatisiert, was zusätzlichen Druck ausübt zu bleiben. Dies kann dazu führen, dass Opfer das Gefühl haben, sie würden ihre Familien oder sozialen Werte durch eine Trennung verletzen.

 Das alles wird allerdings von einem noch stärkeren Bedürfnis überragt.

Das menschliche Grundbedürfnis nach Liebe lässt oft auch Gewalt durch den Partner aushalten

Der Grund, warum viele Menschen in missbräuchlichen Beziehungen bleiben, basiert vor allem auf dem tiefen menschlichen Bedürfnis nach Liebe, Bindung und Zugehörigkeit.

Menschen wünschen sich immer, geliebt und akzeptiert zu werden

Das Bedürfnis geliebt und gesehen zu werden, kann so stark sein, dass es andere negative Aspekte einer Beziehung überdeckt.

Schon ein kleines Anzeichen, wie zum Beispiel ein Lob, in einer sonst schwer zu ertragenden Partnerschaft, lässt einen wieder Hoffnung, haben, dass es von nun an besser wird.

Menschen können starke Gefühle und Tumult in Beziehungen mit Leben und Liebe verwechseln

In einer toxischen Beziehung erleben die Menschen oft viele starke Gefühle. Diese Gefühle können so intensiv sein, dass das Opfer denkt, es handle sich um echte Liebe. Manchmal gibt es großartige, glückliche Momente, gefolgt von sehr schwierigen und schmerzhaften Zeiten.

Dieses ständige Auf und Ab fühlt sich dann wie eine aufregende Achterbahn an und man verwechselt dies mit einem glücklichen Leben.

Das Problem ist, dass die leidenschaftlichen Höhen und Tiefen nicht wirklich ein Beweis für Liebe sind.
Oft sind sie nur ein Zeichen für ein ungesundes, indiskutables Verhalten.

Der leidende Partner könnte denken: „Wenn die schönen Momente so stark sind, muss die Beziehung gut sein.“ Dabei werden die schlechten Zeiten vergessen und kleingeredet.

Die übertriebene Hoffnung hält uns oft gefangen

Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt man. Viele Opfer glauben, dass die Verletzungen nur vorübergehend ist und dass ihre Liebe zum Partner die Dinge ändern kann. Sie hoffen über ein gesundes Maß hinaus, dass sich die Situation irgendwann verbessert.

Dabei ist es komischerweise egal, wie oft man in der Partnerschaft schon das Gegenteil erfahren hat. Der Partner ändert sich eher nicht, auch wenn man versucht, ihm und seinen Ansprüchen noch besser gerecht zu werden.

Angst vor Einsamkeit ist ein mächtiger Klebstoff

Die Furcht, allein zu sein oder niemanden zu haben, kann so überwältigend sein, dass Menschen die Gefahr des Missbrauchs ignorieren. Menschen machen ganz oft Kompromisse, um nicht allein zu sein.

Oft glauben sie, dass sogar eine unglückliche Beziehung besser ist als das Alleinsein, was sie dazu bringt, schädliches Verhalten zu tolerieren. Diese Angst kann dazu führen, dass sie sich in einem Kreislauf von Abhängigkeit und emotionalem Schmerz verfangen und tolerieren das eigentlich unerhörte Verhalten des Partners.
Alleinsein muss man üben und aushalten können.

Hängen niedrige Selbstachtung und frühere traumatische Erfahrungen zusammen

Frühere traumatische Erfahrungen, wie Vernachlässigung oder Missbrauch in der Kindheit, können einen großen Einfluss auf das Selbstwertgefühl einer Person haben. Die Dunkelziffer körperlicher, gar sexueller Gewalt im Kindesalter ist höher als gemeinhin angenommen. Wer Gewalt erlebt hat, hält sie auch im späteren Leben auch für normal.

Wenn jemand als Kind nicht die nötige Liebe und Unterstützung erhalten hat, neigt er in späteren Partnerschaften dazu, zu glauben, dass er keine bessere Behandlung verdient hat.

Diese niedrige Selbstachtung führt dazu, dass das Opfer in schädlichen Beziehungen bleibt, weil es denkt, dass der Missbrauch eine Art von Liebe ist oder dass es keine andere Wahl hat. Es ist wie in einem Wiederholungszwang.

Zusätzlich können traumatische Erfahrungen in der Kindheit, wie zum Beispiel Missbrauch, eine starke emotionale Bindung zum Täter schaffen, ähnlich dem Stockholm-Syndrom. Das Opfer erinnert sich an die wenigen positiven Momente und klammert sich an diese, was die Entscheidung erschwert, die Beziehung zu beenden.

So entstehen gefährliche Muster, in denen die betroffene Person bleibt, weil sie an all dem festhält, was sie kennt, und gleichzeitig glaubt, dass es das Beste ist, was sie bekommen kann.

Was kann eine Therapie für Menschen in missbräuchlichen Beziehungen tun?

Das Ausbrechen aus lange gelebten Mustern ist sehr schwer. Oftmals finden sich die Menschen in einer Art Wiederholungszwang in Partnerschaften wieder, die immer wieder zu denselben Mustern der emotionalen und physischen Gewalt führen. Sie warten darauf, dass Täter Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen, was aber ein Wunschtraum bleibt.

Eine Psychotherapie kann für Menschen, die in Beziehungen misshandelt werden, sehr hilfreich sein. Hier ein Überblick, was sie bewirken kann:

  1. Bewusstmachen und Erkennen von Mustern: Therapie hilft, erste Anzeichen und schädliche Verhaltensmuster zu erkennen und die tieferen Gründe für das Verweilen in der Beziehung zu verstehen. Oft ist die Frage, inwiefern Traumata in früher Kindheit und Jugend zur Situation beigetragen haben.
  2. Unterstützung und Verständnis: Therapeuten bieten einen geschützten und sicheren Raum, in dem Betroffene ihre Erfahrungen teilen und verstanden werden können.
  3. Stärkung des Selbstwertgefühls: In einer Psychotherapie arbeitet man daran, das Selbstwertgefühl eigene Wahrnehmung der betroffenen Person zu stärken, damit sie sich ihrer eigenen Werte bewusstwird und mit der Zeit eigene, gesunde Entscheidungen treffen kann.
  4. Bewältigungsstrategien: Therapie vermittelt effektive Strategien und Taktiken, um mit emotionalem Schmerz umzugehen und sich von der Beziehung zu lösen.
  5. Zukunftsorientierung: Sie unterstützt dabei, neue, gesunde Lebensziele und Beziehungen zu entwickeln.

Das Anschauen der eigenen Lebensmuster und Glaubenssätze in einer Psychotherapie mit einem Blick von Außen, ist oft die beste Lösung. Die Hauptaufgabe des Therapeuten ist wohl die Stärkung der Selbstwahrnehmung des Patienten und die Herstellung seiner freien Entscheidungsfähigkeit.

Insgesamt kann Therapie dabei helfen, den Erkenntnis- und Heilungsprozess zu beginnen und in Zukunft ein gesünderes, glücklicheres Leben zu führen.